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Sehr geehrte Frau Lortz, sehr geehrte Damen und Herren,
ich begrüße Sie ganz herzlich und freue mich, dass Sie bei diesem herrlichen Sommertag hier in Frankfurt zusammen gekommen sind.
Am 21. Mai 2001 haben sich die hessischen Schulträger und das Land in einer sogenannten Schwalbacher Erklärung darauf verständigt, dass beide Seiten gemeinsam die Schulen auf ihrem Weg in eine Informations- und Wissensgesellschaft begleiten wollen. Da ja, wie Sie wissen, beide Seiten nach dem Gesetz für unterschiedliche Aufgaben zuständig sind das Land für die innere Schulverwaltung und die Schulträger für die äußere Schulverwaltung, also für Gebäude und Sachausstattung war dies keine Selbstverständlichkeit. Vielmehr ist diese gemeinsame Übereinkunft der Tatsache geschuldet, dass die notwendigen Hilfen für die Schulen, denken Sie nur an die Computerausstattung, Vernetzung und Support, so umfangreich sind, dass sie von den Schulträgern allein nicht geschultert werden können.
In der Tat drehen wir in den Zeiten des technologischen Wandels alle gemeinsam an einem großen Rad. An manchen Stellen kaum merklich, hie und da noch nicht spürbar, an anderen wiederum sehr gezielt und mit großem Nachdruck. Die Versammlung heute ist auch ein Indikator für Veränderungen, an denen Sie alle beteiligt sind.
Ein großer Unterschied zur Einführung von technologisch unterstützten Innovationen in Unternehmen, oder auch zur neuen Verwaltungssteuerung in der Landesregierung besteht im Schulwesen darin, dass Veränderungen weitgehend freiwillig erfolgen. Die Pädagogen müssen gewonnen werden, sie können sich aber auch verweigern, Verordnungen helfen nicht weiter.
Wenn Sie fragen, wo soll denn die Entwicklung hingehen, dann müssen die anstehenden Entwicklungen etwas sortiert werden. Ich führe hier drei Bereiche auf, die Schule unmittelbar betreffen:
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Benötigt werden effektiv arbeitende Schulverwaltungen und ein effektives Schulmanagement. Vielen von Ihnen ist die LuSD bekannt oder neuerdings auch die DV-gestützte Auswertung von Vergleichsarbeiten. Vergleichsweise wenige Personen der Kollegien sind in solche Verfahren involviert. Im Sinne von eGovernment und im Hinblick auf die bevorstehenden Herausforderungen ich verweise nur auf die demografische Entwicklung stehen wir hier erst am Anfang.
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Ein großes Veränderungspotenzial steckt in der Arbeitsorganisation von Kollegien. Wenn sich Lehrerinnen und Lehrer als Teil eines Teams Schule verstehen, das Dienstleistungen erbringt und verbessern will, dann öffnet sich ein großes Feld für neue Formen der Kooperation und Kommunikation. Lehrerinnen und Lehrer sind hoch qualifizierte Mitarbeiter und wenn sie sich das Motto einer Wissensgesellschaft zu eigen machen: Gewinnen durch Wissen teilen, dann können sie die Organisation Schule auf die gesellschaftlichen Anforderungen einstellen.
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Alles dient dem eigentlichen Zweck, der Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrags. Wie können die geforderten Kompetenzen der Kinder und Jugendlichen erreicht und wie können die schulfachlchen Anforderungen erfüllt werden. Diese Tagung will Hinweise geben, wie sich Unterricht verändern lässt und wie wir den Zielen näher kommen können.
Zunächst möchte ich den Medienberaterinnen und Beratern der Grundschulen und den Mitarbeitern des AfL sehr herzlich dafür danken, dass sie diese Veranstaltung ermöglicht haben zusätzlich zu den täglichen Aufgaben und ohne Scheu vor der Größe der Aufgabe. Wie das Programm zeigt, haben die Mitstreiter viel Wert auf diese Themen gelegt, die für die tägliche Unterrichtspraxis wichtig sein könnten. Und Ihre zahlreiche Anwesenheit zeigt mir, dass wohl die richtige Wahl getroffen wurde.
Ernsthaftigkeit, gründliches Nachdenken und sorgfältiges Abwägen sind aus meiner Sicht gerade in den Grundschulaufgaben rund um den Computer und Internet von besonderer Bedeutung. Ich gehe davon aus, dass Sie alle hier im Saal sehr verantwortlich mit der Frage umgehen, wie Bildung und Erziehung der ihnen anvertrauten Kinder erfolgen solle. Für technische Schnellschüsse sind Ihre Arbeitszeit und die Lernzeit der Kinder einfach zu wertvoll.
Grundschulen haben einen großen Vorteil: In der Regel dominiert dort eine Unterrichtspraxis, die mit einem breiten Repertoire an Lernformen einen schülerorientierten Unterricht ermöglicht und frühzeitig selbstständiges Lernen fordert und fördert. Die Einbettung der neuer Medien in diese Szenarien bedeutet dort kein Umkrempeln sondern verstärkt das Angelegte. In anderen Schulformen wird zuweilen eine veränderte Lernkultur quasi erzwungen, wenn die Computer und vor allem Notebooks in Schülerhand Einzug halten.
Neuerdings sind wiederholt Warnungen vor dem Computereinsatz in der Grundschule zu vernehmen. Beispielsweise warnt Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer, Direktor der psychiatrischen Uniklinik vor einem Bildschirmlernen aus der Sicht der Hirnforschung.
In der Grundschule, also den Klassen eins bis vier, liegen die Dinge seiner Ansicht nach recht einfach: Man brauche keinen Computer. Dann verweist er darauf, dass dort die grundlegenden Fähigkeiten wie Lesen, Schreiben, Rechnen, Kenntnisse der Lebenswelt zu erlernen seien. Gerne wird dabei der Blick auf die Lebenswelt verkürzt, als ob nicht längst diese grundlegenden Fähigkeiten sich selbst verändern würden. Ich verweise nur auf den Ansatz für kreatives Schreiben.
Ich schätze solche Kritik, weil sie zum Nachdenken und Nachprüfen auch der eigenen Position herausfordert. Leider werden zu voreilig Fernsehkonsumeffekte oder Unterrichtsformen aus dem angelsächsischen Raum auf das schulische Lernen übertragen. In diesem Zusammenhang sind die lernpsychologisch fundierten Entgegnungen von Professorin Elisabeth Stern vom Max Planck Institut für Bildungsforschung in Berlin auf zu plakative Aussagen der Hirnforschung sehr hilfreich.
Eines hat sich inzwischen klar herauskristallisiert: Die pädagogische Praxis wird spürbar stärker in ihren Bedingungen, Methoden und Mitteln von Technik und Medien und ihren Prinzipien durchdrungen. Wir können heute davon ausgehen, dass ein veränderter Unterricht und die Weiterentwicklung von Lehr- und Lernformen in jeder Schulstufe, in jedem Fach und in jedem Unterrichtsangebot eine Rolle spielt. An diesem Punkt haben Medien das breiteste Innovationspotenzial für Pädagogik und stellen die Pädagogen in Schulen vor große, aber auch sehr interessante Herausforderungen.
Im Rahmen der aktuellen Diskussion um Bildungsqualität rücken auch die Lehrkräfte als Experten für das Arrangieren von Lehr- und Lernprozessen und die Schülerinnen und Schüler in das Zentrum der Debatte. Oft wird zu viel schlechter Unterricht und zu wenig guter Unterricht festgestellt oder unterstellt. Mit nicht so gutem Unterrichts ist auch gemeint, dass Unterricht methodenarm, methodenmonoton, unrhythmisiert, lehrerzentriert und schulbuchorientiert abläuft. Und damit wird der Blick auf das pädagogische Können der Lehrkräfte gelenkt. In der Verbesserung ihres handwerklichen Know-how liegt einer der Schlüssel zu einem reformoffenen Unterrichtsalltag.
Aber, es muss sehr sorgfältig darüber nachgedacht werden, an welcher Stelle der Medieneinsatz sinnvoll und wichtig ist, und an welcher Stelle er sich nicht lohnt oder auch absichtlich weg gelassen wird. Jede Lehrerin und jeder Lehrer wird hier ganz persönlich Entscheidungen zu treffen haben, möglicherweise sogar täglich. Hoffentlich spielt dabei der Aufwand , den Medieneinsatz ohne Zweifel verursachen, nicht immer eine leitende Rolle.
Lassen Sie mich mit einem Zitat aus einer Schulordnung aus dem Jahre 1607 enden:
Wer sich für die Kollegs einmal eingeschrieben hat
, soll sich bemühen, sein Wissen von Tag zu Tag auszubauen.,
Und dann weiter, von einer Schule in Hanau, die sich auf diese Tradition beruft, programmatisch und stilvoll ergänzt:
Sprache, Sitten und Gebräuche haben sich seither in vielfältiger Weise geändert, aber Wissen zu übermitteln und zur Erziehung und Bildung junger Menschen beizutragen, sehen wir noch immer als unser Ziel an.
Wie der Weg dorthin verläuft, wie wir dieser Aufgabe gerecht werden können, überlegen wir uns ständig neu und versuchen dabei, uns wechselnden Gegebenheiten zu stellen und neue Möglichkeiten zu erproben, aber auch erhaltenswerte Traditionen zu schützen.
Ich finde, dies ist ein Leitbild, das auch für diese Veranstaltung gelten könnte. Gerade die Grundschulen versuchen dabei, sich wechselnden Gegebenheiten zu stellen und neue Möglichkeiten zu erproben, aber auch erhaltenswerte Traditionen zu schützen.
Schlussbemerkung
Allen Beteiligten wünsche ich einen interessanten und ertragreichen Dialog und ich hoffe auf eine Fortsetzung im nächsten Jahr.
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